Geisterbahn 13
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ZEITGEISTER
----------------- Ostern 2007
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1. Auflage vergriffen
2. erweiterte & veränderte Auflage nur als
Privatdruck erschienen (unverkäuflich)
Das Erstaunlichste am
Zeitgeist ist seine totale Zeitlosigkeit. Er kennt keine Vergangenheit.
Er kennt keine Zukunft. Dass er sich unter Gegenwart nichts vorzustellen vermag,
ergibt sich daraus quasi wie von selbst. Jede Zeit hat ihren Zeitgeist. Schwer
zu beurteilen ist, ob es sich stets um denselben Zeitgeist handelt, oder um
jeweils besondere, welche sich nur sehr auffällig gleichen. Es also
korrekterweise recht eigentlich Zeitgeister heißen müsste.
Sei es wie es sei -
Zeitgeist sein, heißt verdammt sein, die Last der Schöpfung zu tragen. Was immer
so ein, mehr unvollkommen als hilflos zu nennender, Angehöriger der Menschheit
(unlängst hörte ich in diesem Zusammenhang im Radio die Formulierung
„Oberprimaten“) verbockt, die, die es als Störung ihres Seelenfriedens
empfinden, neigen dazu, es nicht diesem Einzelnen zuzueignen, sondern es dem
Zeitgeist in die Schuhe zu schieben. Wobei wiederum fraglich, ob Geister
überhaupt Schuhe tragen. Herrscht doch allgemein die Vorstellung von Geistern
als aufgeblähte Bettlaken, welche hauptsächlich um Mitternacht herum durch die
verlassenen Gänge eher baufälliger Familiensitze dahin treiben. Das Geräusch
scheppernder Ketten ist überliefert. Das Heulen und Jaulen modrigen Spukes … Vom
Schlurfen abgewetzter Schuhsohlen hörte, bzw. las ich noch nie. Doch ich
schweife ab. Der Leser übe Nachsicht.
Heulen Zeitgeister? Grund genug hätten sie, meine ich. Sie
bemerken es bereits, ich habe es vorgezogen, mir den Zeitgeist als Vielfaches zu
denken, quasi als eilige Dreifaltigkeit des Banalen. Seine Erscheinung ist
ebenso zahlreich, wie vielfältig. Eine zeitlose Erscheinungsform ist der
Antisemitismus, eng verwandt dem Neid und der Dummheit.
Auch Frauenrechtler und Tierschutzpartisanen sind nach meinem Dafürhalten den
Zeitgeistern zuzuzählen. So wurde mir unlängst von Tierschutzaktivistinnen
berichtet, die sich, während sie die Schnecken aus ihrem Garten in den nahen
Wald tragen, unterdessen über die effektivsten Formen des "humanen Vergasens"
von Mitmenschen den Kopf zerbrechen.
Einige weitere
Erscheinungsvarianten werden in diesem Heft kurz beschrieben.
Nicht berücksichtigt wurde
dagegen das mittlerweile als ausgestorben zu betrachtende Gespenst des „Guten
Geschmacks“. Einst geisterte es sogar durch die Kaffeehandlungen. Da galt
bereits ein Ladenschwengel, der mit Tchibo-Kaffee handelte, als ein
„Botschafter des guten Geschmacks“. Ebenso hielt man es einst, für ein Anzeichen von
gutem Geschmack, wenigstens ein „gutes Buch“ im Hause zu halten. Noch in
meiner Jugend wurden Heranwachsende regelrecht genötigt, doch „mal ein gutes Buch zu
lesen“. Auch das „gute Buch“ ist zu den - sollte ich schreiben Gott sei Dank?
- ausgestorbenen Zeitgeistern zu zählen. Weswegen auf seine Besonderheiten hier
ebenfalls nicht weiter eingegangen werden wird. Im Gegensatz dazu gilt es
noch immer als ein Zeichen von schlechtem Geschmack, das Gute eines „guten Buches“
anzuzweifeln.
Weiterhin ausgestorbene
Zeitgeister hießen Ehrgefühl, Anstand, Rücksichtnahme,
Höflichkeit und Anmut. Auch ein Zeitgeist namens Galanterie
existierte einst. Wobei hier nur soviel verraten werden soll, dass es sich dabei
nicht um Schleifenband handelte. Kurz: Alles Begriffe, die an Poes
Nevermore
denken lassen, wie mir unlängst ein Freund ins Ohr murmelte.
Die Zeitgeister,
nicht die Zeit, werden darüber entscheiden, ob er damit recht behalten wird.
Und dies sind die ZEITGEISTER, die für dieses Heft
Beachtung fanden:
Schnäppchenjäger * König Kunde
* Ladenschwengel * Das
Unterschichtgespenst * Konjunkturritter * Zeitdiebe * Verfolgungswahn * Verstandesdiebe
* Ruhediebe * Das Gespenst des
Kommunismus * Mainstreamsurfer * Volksvertreter *
Smart-Shopper *
Rechte * Nichtraucher
* Geschmack

Und dies sind die ZEITGEISTER, die für die 2.
Auflage zusätzliche Beachtung fanden:
Chefzwerge *
Konsumidiot
MENSCHENRECHTLER *
BÜRGERRECHTLER
Preis, Auflage & Ausstattung ... ebenso exklusiv wie folkstümlich.
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