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Geisterbahn 12

Lustlos

Eine Exkursion über die beliebtesten Gemeinplätze

für Katastrophen zwischen Schmerz und Geld

23. Dezember 2006

„… und flüsterte endlich eher lustlos merde …“

h.c.artmann

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An manchen Tagen überfällt mich derart plötzlich die Lustlosigkeit, daß ich mich außerstande sehe, noch rechtzeitig zur Seite zu springen. Grad’ der heutige Donnerstag ist wieder so ein Tag. Allein mir klar zu machen, mit welch geradezu überschäumender Lustlosigkeit ich diese Abhandlung beginne …

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Möglicherweise befindet sich zur Zeit niemand unter den Lesern dieses kleinen Aufsatzes, der sich unter Lustlosigkeit überhaupt etwas vorzustellen vermag. Möglicherweise besteht die werte Lesergemeinschaft gerade heute einzig aus jenen dynamischen Jungunternehmern mit diesen progressiven Zukunftserwartungen, an welchen sich der Zeitgeist wärmt. Gleich jenem senilen Zwockel mit Vermögen an einer Gattin, die seine Tochter sein könnte. Möglicherweise auch besteht die ehrenwerte Lesergemeinde (denn auch dies scheint mir denkbar) gerade heute ausschließlich aus wohlstandsvergnügten Frührentnern, welche „Marxismus-Leninismus“ für eine Philosophie halten. Vergleichbar mitteleuropäischen Frauenzimmern, die dem Lamaismus in dem Glauben anhängen, es handele sich dabei um eine Religion … derart fit und durchtrainiert, nichtrauchend und gesellig, daß zu fürchten steht, sie werden in der „letzten Kiste“ ebenso unangenehm anzusehen sein, wie zu den sogenannten „Lebzeiten“ …

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Lange Rede, kurzer Sinn, Lustlosigkeit verspüren heißt, lustlos sein selbst zur Lustlosigkeit. Wer vorhat, dem wirklich Lustlosen wohlwollend lustig zu empfehlen, sich doch aufzuhängen, sollte sich darauf gefaßt machen, einzig jenes lustlose „Und wozu soll das denn gut sein?“ zur Antwort zu bekommen.

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Dabei gibt es Tage, und zwar gar nicht so selten, an denen ich mich überhaupt nicht als lustlos empfinde. Keine Spur von Lustlosigkeit. Da erwache ich am frühen Morgen schon mit dem Satz „Heute bin ich aber überhaupt nicht lustlos“ auf den noch nachtwarmen Lippen. Und obwohl es ums Haus noch nachtdunkel herumschleicht, beginnt in meinem Kopf sogleich ein lustvolles Pläne schmieden. Sofort rede ich mich mit Herr Doktor oder Herr Direktor an, nenne mich gar mit ehrfurchtsvollem Grinsen Herr Gerichtspräsident. Kann es doch nie von Schaden sein, eine gepflegte Selbstunterhaltung mit etwas Spott und Ironie zu beginnen, da dies nicht zuletzt auch gelassener im Umgang mit Außenstehenden, Außensitzenden, …liegenden, …fahrenden und …fliegenden macht. Ja, man nimmt den Anderen dann längst nicht so verkniffen ernst, verkehrt man mit sich selbst in gelassener Vertrautheit, einer Vertrautheit, gewürzt zugleich mit einer Prise wohlwollender Herablassung. Das Entstehen von Aversionen, bis zu verdeckter, gar offener Feindschaft wird so erheblich erschwert ...

Nähere Angaben siehe Vorgänger.

 

*Extraausgabe - 1 Exemplar (farbig illustriert, unverkäuflich)

**Sonderzug  - 11 nummerierte Exemplare (schwarz/weiß Illustrationen aus den Beständen des UBU-Archivs, unverkäuflich)

***Exklusivausgabe  - 49 nummerierte Exemplare mit farbigen Collagen von Lutz Leibner

 


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