|
Von der
Erotik des Zeiten Vernichten
Adolf Endler
ZU DEM BAND "VON DER
EROTIK DES ZEITEN VERNICHTEN" VON F.-W. MATTHIES:
Grölend wie lispelnd, rasant wie bedächtig, schmissig wie zögerlich, rauh und
nicht minder sanft, o.k! Trotzdem, was bedeutet solche Akkumulation
unterschiedlichster Gedichte - und einige von ihnen gehören zu den
beachtlichsten der letzten Jahre -, was soll es uns sagen, soll es uns
vielleicht sogar verhöhnen, wenn einer an einem einzigen Tag, nämlich am 10.
April 2000 nicht weniger als 7 Gedichte entstehen läßt (und es nicht verbirgt,
sondern mittels Datierung hervorhebt), an einem anderen 4, an einem weiteren
,,nur" 3; etc.? Mit einem (etwas langen) Satz: Wie all die tollen Bücher und
Büchlein. von Frank-Wolf Matthies stellt auch dieses für den Leser wie für den
Kritiker eine ganz schön gepfefferte Herausforderung (bzw. Zurückweisung) dar,
wenn auch auf die ziemlich singuläre Weise dieses Mannes,
die freilich
trotz des besten Willens unseres Autors nicht verhindern kann, daß wir hier
eine nicht kleine Zahl von Texten finden, denen wir von Zeit zu Zeit
wiederbegegnen
möchten, zum
Beispiel dem langen Gedicht "Wildau
im September", dem vermutlich bisher trefflichsten poetischen Werk zum Thema
,,Nachwende-Osten", daß indessen auch unter den 7 Gedichten verschiedener
Gewichtigkeit vom 10. April 2000 kein einziges sich finden dürfte, dessen der
Autor sich schämen müßte! Und überhaupt: Dieser wüste
Vater-und-Mutter-Ubu-Spezialist in den märkischen Forsten, im wunderbar
,,besungenen" Friedrichsthal hinter Oranienburg, die Welt und den ,,Zeitgeist"
bespuckend; lobend aber die arme Pfütze vorm Häuschen.....usw.; nein, ich will
es auf eine Reihung von Formeln nicht ankommen lassen, keine träfe ganz. Auch
als späten "Beatnik" (Gerrit-Jan Berendse) würde ichihn nur im äußersten Notfall bezeichnen. (Was diesen
Punkt betrifft, käme eventuell als eines der Beweismittel das
,,Gelegenheitsgedicht auf eine alte Jacke" in Betracht.) Nein, ich habe nicht
die Absicht, hin und her irrend endlich die einleuchtende Formel zu finden, die
die Leistung von Frank-Wolf Matthies faßt (er-faßt). Vielleicht darf man aber
dennoch so zusammenfassend wie vage sagen: Es ist die konvulsivische
Widerborstigkeit der matthieschen Existenz schlechthin (inclusive seines
vielfältigen Werkes), die sich jeder geschmeidigen Plakette widersetzt. Wer
trotzdem solche Plakette bosseln könnte, würde mit Sicherheit alsbald einen
Strich durch seine glatte
Rechnung gemacht bekommen - und so geht es in dem vorliegenden Band von Phase zu
Phase, oft von Gedicht zu Gedicht -, und zwar unter Umständen so rabiat, daß
mancher eher geneigt sein wird, die Beziehungen zu dem Herrn und seinem Werk
abzubrechen. Anders ausgedrückt: Vor allem den besseren Sammlern ist zu
empfehlen, alles zusammenzusammeln, was unter dem Namen Frank-Wolf Matthies
publiziert oder nicht publiziert worden ist; vorher sollte man sich eine nicht
zu winzige Schatztruhe kaufen.
Berlin, d. 23. 08. 2001
|
|