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Unbewohnter Raum mit Möbeln
Das zweite Buch des DDR-Schriftstellers Frank-Wolf Matthies erscheint wie
seine erste Veröffentlichung (<<Morgen>>) bisher nur in der
Bundesrepublik. Über die Gedichte dieses jungen Autors schrieb <<Die
Zeit>>: <<Widerstand gegen Gewalt von oben, Kampf gegen Resignation
und Verzweiflung - ein beunruhigendes, in seiner subjektiven Konsequenz
erschreckend mutiges Buch.>> Diese neuen, größeren Prosastücke von
Frank-Wolf Matthies sind keinem anderen zeitgenössischen Werk vergleichbar, als
Sprachkunstwerke entziehen sie sich nicht zuletzt den Doktrinen des
sozialistischen Realismus aufs entschiedenste. Es ist bemerkenswert (und
erstaunlich), wie dieser junge Dichter in der Isolation seiner Wohnung am (Ost-)
Berliner Prenzlauer Berg auf der Höhe des formalen Know-hows einer modernen
Weltliteratur und dazu noch der Initiator eines eigenen, über alle möglichen
Vorbilder hinausgehenden Stils ist, der zugleich Erfahrungsstil ist. In
nichts ist Matthies nur Nachahmer, und er ist unbekümmert um die landläufige
Aufnahmebereitschaft für die Klischees des gängigen emotionalen
Ost-West-Handels. Ebenso ist er der Gefahr entronnen, sich, wie manch anderer,
im neo-klassizistischen Niemandsland eines selbstgenügsamen Formalismus
einzurichten. Die Phantasie dieses Autors wird von einem geradezu
majakowskijschen Appetit auf die Sinnlichkeit des Realen gelenkt, der
schriftstellerische Mut bewährt sich in der Bekenntnisfreude zum niemals bloß
beliebigen Detail.
(aus: Rowohlt Katalog Herbst 1980)
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